Entgeltliche Nutzungsüberlassung – Anforderung für steuerliche Anerkennung – Hier kein Vorsteuerabzug

BFH, Beschluss v. 22.06.2022 – XI R 35/19 – UStG § 2 Abs 1, UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 S 1, EGRL 112/2006 Art 9, FGO § 126a, UStG VZ 2015

Im Streit war, ob die Klägerin, eine Gemeinde, im Jahr 2015 (Streitjahr) zum Vorsteuerabzug, im Zusammenhang mit einem von ihr verpachteten Schwimmbad, berechtigt ist. Die Klägerin verpachtete das Schwimmbad an einen eingetragenen Verein für 1,00 € und verpflichtete sich in dem Betriebspachtvertrag zur Zahlung eines Zuschusses an den Verein in Höhe von jährlich 75.000 €, der der Förderung des Vereins im öffentlichen Interesse dienen und keinen Gegenwert für eine umsatzsteuerbare Leistung darstellen sollte. Laut der Präambel dieses Vertrags war die angespannte Haushaltssituation der Klägerin Grund für den Vertragsabschluss. Zudem hatte die Kommunalaufsichtsbehörde der Klägerin vorgegeben, dass die kommunale Unterdeckung des Bäderbetriebs künftig einen Betrag von 75.000 € jährlich nicht überschreiten dürfe.

Da die Klägerin im Jahr 2015 erwog, das Schwimmbad zu sanieren, führten Vertreter der Klägerin am 29.05.2015 ein Gespräch mit Vertretern des Beklagten (Finanzamt) über die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs aus in diesem Zusammenhang zu erwartenden Eingangsleistungen. Das FA vertrat in dieser Besprechung die Auffassung, dass die

Verpachtung wegen der Höhe von Pachtentgelt und Zuschuss im Ergebnis unentgeltlich erfolge, so dass die Klägerin mit der Verpachtung nicht wirtschaftlich tätig sei und deshalb kein Recht zum Vorsteuerabzug habe.

Der Betriebspachtvertrag sah zudem vor, dass mit der Übergabe des Vertragsgegenstands die öffentlichen Aufgaben und Lasten auf den Verein übergehen sollten. Der Verein verpflichtete sich im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten, den Vertragsgegenstand jederzeit in gutem und ordentlichem Zustand zu erhalten, die laufende bauliche und technische Unterhaltung zu übernehmen, zerstörte, beschädigte oder fehlende Gegenstände oder Zubehör und Ausrüstungsteile zu ersetzen, soweit dies zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebs des Schwimmbads erforderlich war, und die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Der Verein hatte im Ergebnis sämtliche hierfür anfallende Kosten zu tragen.

Durch Vertrag vom 15.09.2015 ersetzten die Vertragsparteien den bisherigen Betriebspachtvertrag mit Wirkung zum 01.10.2015 durch einen neuen Betriebspachtvertrag. Der Pachtzins betrug fortan jährlich 10.000 € zuzüglich 1.900,00 € Umsatzsteuer. Für das letzte Quartal 2015 war ein Pachtzins in Höhe von 2.973,81 € brutto zu zahlen. Eine Zuschussvereinbarung enthielt der neue Betriebspachtvertrag nicht mehr.

Die Vertragsparteien schlossen daneben am 15.09.2015 eine gesonderte Zuschussvereinbarung. Hiermit verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung eines Zuschusses an den Verein in Höhe von jährlich 90.000 €.

Das Finanzamt versagte die steuerrechtliche Anerkennung und wies den Einspruch, mit dem die Klägerin eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr vorlegte und auf das Schwimmbad entfallende Vorsteuern in Höhe von 33.375,10 € anmeldete, als unbegründet zurück. Auch das Klageverfahren (Niedersächsisches Finanzgericht, 16.10.2019, Az: 5 K 286/18) blieb, einschließlich der Revision zum Bundesfinanzhof, erfolglos. Der BFH hat dem „Verpächter“, ebenso wie Verwaltung und das FG, den Vorsteuerabzug aus Eigenleistungen für den für so überlassenen Gegenstand, versagt. Dabei haben FG und der elfte Senat des BFH darauf abgestellt, dass bei einem jährlichen Pachtentgelt von 1,- € und erheblichen Aufwendungen auf den Pachtgegenstand die Entgeltverpflichtung so sehr in den Hintergrund tritt, dass der erforderliche Zusammenhang zwischen Nutzungsüberlassung und Entgelt gelöst ist. Der „Verpächter“ ist dann aus Eigenleistungen für den so überlassenen Gegenstand nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Daran ändert auch die später vorgenommene Erhöhung der Pacht auf nichts, da diese Pachterhöhung aber durch eine Zuschusserhöhung von Verpächter an Pächter ausgeglichen wird.

Link zu Entscheidung des BFH mit Sachverhalt und Gründen:

https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202250186/