Reservierungsgebühr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Immobilienmaklern unwirksam

BGH, Urteil v. 20.04.2023 – Az.: I ZR 113/22 – Pressemitteilung 70/2023

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten die Kläger beabsichtigt, ein von der Beklagten als Immobilienmaklerin nachgewiesenes Grundstück mit Einfamilienhaus zu kaufen. Die Parteien schlossen einen Maklervertrag und im Nachgang dazu einen Reservierungsvertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger vorzuhalten. Die Kläger nahmen jedoch vom Kauf Abstand und verlangten von der Beklagten die Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen und das Landgericht die Berufung der Kläger

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Maklervertrag – Konkludenter Abschluss eines Maklervertrags durch Nutzung Internetdienstleistung

OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 06.07.2022 – Az.: 13 U 84/21

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall meldete sich der potentielle Kunde auf ein Internetinserat eines Maklers (ImmobilienScout 24). Der Interessent nahm mehrere Maklerleistungen, wie u.a. das Eröffnen eines 360°-Rundgangs durch das angebotene Objekt in Anspruch und nutzte dieses ausgiebig. Aus dem Internetinserat ergab sich die vom Kunden im Falle des Kaufs zu zahlende Provision (Provisionspflicht) eindeutig. Darin sah das Oberlandegericht Frankfurt a.M. den konkludenten Abschluss eines Maklervertrags. Der Interessent machte Vorkenntnis geltend,

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Zugangszeitpunkt einer E-Mail im unternehmerischen Geschäftsverkehr

BGH, Urt. v. 06.10.2022 – Az.: VII ZR 895/21

Der Bundegerichtshof hat entschieden, dass im unternehmerischen Geschäftsverkehr eine E-Mail grundsätzlich zu dem Zeitpunkt zugegangen ist, zu dem diese innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird. Für den Zugang ist dagegen nicht erforderlich, dass die E-Mail tatsächlich vom Empfänger abgerufen und zur Kenntnis genommen wird. Zum Sachverhalt und Verfahrensgang:

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Unwirksame Kürzung von Handelsvertreterprovision bei Kreditkartenzahlung der Kunden in AGB

OLG München Urt. v. 16.12.2021 – Az.: 23 U 1704/20

Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von einem Kraftstoffunternehmen gegenüber einem Tankstellenpächter, der für das Unternehmen als Handelsvertreter tätig ist, gestellte Klausel, durch die dem Pächter bei Kartenzahlungen von Kunden eine Disagiolast auferlegt wird und die der Unternehmer dem Pächter von der Provision abzieht, ist unwirksam. Denn ist die Disasgiolast prozentual an den getätigten Umsatz pro 100 Liter Kraftstoff und damit an den Kraftstoffpreis pro Liter gekoppelt, dagegen die dem Pächter zustehende Provision umsatzunabhängig allein von der verkauften Kraftstoffmenge abhängig, kann das bei mit der Zeit steigenden Kraftstoffpreisen eine große Reduzierung der an den Pächter auszuzahlenden Provision, die sogar auf Null oder sogar unter Null gehen kann, zur Folge haben. „Unwirksame Kürzung von Handelsvertreterprovision bei Kreditkartenzahlung der Kunden in AGB“ weiterlesen

Entgeltliche Nutzungsüberlassung – Anforderung für steuerliche Anerkennung – Hier kein Vorsteuerabzug

BFH, Beschluss v. 22.06.2022 – XI R 35/19 – UStG § 2 Abs 1, UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 S 1, EGRL 112/2006 Art 9, FGO § 126a, UStG VZ 2015

Im Streit war, ob die Klägerin, eine Gemeinde, im Jahr 2015 (Streitjahr) zum Vorsteuerabzug, im Zusammenhang mit einem von ihr verpachteten Schwimmbad, berechtigt ist. Die Klägerin verpachtete das Schwimmbad an einen eingetragenen Verein für 1,00 € und verpflichtete sich in dem Betriebspachtvertrag zur Zahlung eines Zuschusses an den Verein in Höhe von jährlich 75.000 €, der der Förderung des Vereins im öffentlichen Interesse dienen und keinen Gegenwert für eine umsatzsteuerbare Leistung darstellen sollte. Laut der Präambel dieses Vertrags war die angespannte Haushaltssituation der Klägerin Grund für den Vertragsabschluss. Zudem hatte die Kommunalaufsichtsbehörde der Klägerin vorgegeben, dass die kommunale Unterdeckung des Bäderbetriebs künftig einen Betrag von 75.000 € jährlich nicht überschreiten dürfe.

Da die Klägerin im Jahr 2015 erwog, das Schwimmbad zu sanieren, führten Vertreter der Klägerin am 29.05.2015 ein Gespräch mit Vertretern des Beklagten (Finanzamt) über die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs aus in diesem Zusammenhang zu erwartenden Eingangsleistungen. Das FA vertrat in dieser Besprechung die Auffassung, dass die

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Ersatz fiktiver Mängelbeseitigungskosten im Kaufrecht weiterhin möglich – Hier: Immobilienkaufvertrag

BGH, Urteil v. 12.03.2021 – Az.: V ZR 33/19  – Quelle: BGH, Pressemitteilung Nr. 54/2021

Der Bundesgerichtshof hält mit dieser Entscheidung an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Immobilienkaufvertrag und Mängelbeseitigungsanspruch fest: Dem Käufer einer Immobilie ist es auch weiterhin möglich, seinen kaufvertraglichen Schadensersatzanspruch wegen Mängeln der erworbenen Immobilie anhand der voraussichtlich entstehenden, aber bisher noch nicht aufgewendeten – fiktiven – Mängelbeseitigungskosten zu berechnen.

Sachverhalt:

Die Kläger erwarben von dem Beklagten im Jahr 2014 eine Eigentumswohnung zum Preis von 79.800 € „Ersatz fiktiver Mängelbeseitigungskosten im Kaufrecht weiterhin möglich – Hier: Immobilienkaufvertrag“ weiterlesen

Ersatz fiktiver Mängelbeseitigungskosten im Kaufrecht – Hier: Immobilienkaufvertrag

BGH, Vorlagebeschluss v. 13.03.2020 – Az.: V ZR 33/19
 
 
Beschluss des BGH:
Der V. Zivilsenat des BGH will von einer Entscheidung des VII. Zivilsenats abweichen (Divergenz), da der VII. Senat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2018 (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – Az.: VII ZR 46/17 – RN 31) die Auffassung vertreten hat, nach der der „kleine“ Schadensersatz statt der Leistung nicht mehr anhand der voraussichtlichen, aber noch nicht aufgewendeten – fiktiven –  Kosten der Mängelbeseitigung berechnet werden darf (1. Frage). Die 2. Frage richtet sich ebenfalls an den VII. Senat und betrifft dessen Auffassung, nach der sich ein Schadensersatzanspruch im allgemeinen Leistungsstörungsrecht auf Vorfinanzierung „in Form der vorherigen Zahlung eines Zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags“ richten kann (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – Az.: VII ZR 46/17 – RN 67).
 
Sachverhalt:
 
Die Kläger erwarben von dem Beklagten im Jahr 2014 eine Eigentumswohnung zum
Preis von 79.800 €
 

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Widerruf von nach dem 10.06.2010 geschlossenen Verbraucherdarlehensverträgen

  1. EuGH Urt. v. 26.03.2020 – Az.: C-66/19
  2. Vorlagebeschluss LG Saarbrücken v. 17.01.2019 – Az.: 1 O 164/19
  3. OLG Stuttgart Beschluss v. 04.02.2019 – Az.: 6 U 88/18
  4. BGH Beschlüsse v. 04.02.2020 – Az.: XI ZR 175/19; 02.04.2019 – Az.: XI ZR 488/17 und  19.03.2019 – Az.: XI ZR 44/18
  5. OLG Brandenburg Urt. v. 03.04.2019 – Az.: 4 U 99/18

Vorabhinweis:

Nachdem der EuGH auf die Vorlage des LG Saarbrücken die Widerrufsinformation nach dem Muster der Anlage 6 zur Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in der ab dem 11.06.2010 geltenden Fassung als nicht Unionskonform bewertet hat, führt das nicht automatisch dazu, dass nun noch alle erklärten Widerrufe von Verbraucherdarlehensverträgen im Ergebnis als wirksam von den Gerichten eingestuft werden, nur weil nach dem Urteil des EuGH ein Verstoß gegen die Richtlinie 2008/48/EG vorliegt. So hat das OLG Stuttgart sich in dem unter Ziff. 3 aufgeführten Beschluss gegen die Annahme einer Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung in der streitigen Fassung ausgesprochen, es sieht auch keinen Verstoß gegen die Verbraucherkreditlinie, da diese nicht die Wiedergabe sämtlicher Pflichtangaben in der Widerrufsinformation erfordere. Insbesondere verweist das OLG Stuttgart auf den Willen des Gesetzgebers, der mit Regelung zum Fristbeginn in Anlage 6 EGBGB a.F. zum Ausdruck gekommen ist, eine Nichtbeachtung durch die Rechtsprechung einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip bedeuten würde – Gewaltenteilung.

Genauso hat sich der Bundesgerichtshof in seinen unter Ziff. 4 zitierten Beschlüssen, mit explizierter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des LG Saarbrücken zum EuGH, geäußert,  „Widerruf von nach dem 10.06.2010 geschlossenen Verbraucherdarlehensverträgen“ weiterlesen

Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung sind auf reise- und beförderungsvertragliche Schadensersatzansprüche nach nationalem Recht anzurechnen – BGH Urteile vom 06.08.2019 – X ZR 128/18 + X ZR 165/18 – BGH Pressemitteilung Nr. 105/2019 vom 06.08.2019

Die Kläger des Verfahrens X ZR 128/18 buchten bei der beklagten Reiseveranstalterin für die Zeit vom 17. Juli bis 7. August 2016 eine Urlaubsreise, die Flüge von Frankfurt am Main nach Las Vegas und zurück sowie verschiedene Hotelaufenthalte umfasste. Den Klägern wurde die Beförderung auf dem für sie gebuchten Hinflug verweigert. Sie flogen daher am folgenden Tag über Vancouver nach Las Vegas, wo sie mehr als 30 Stunden später als geplant eintrafen, und verlangen nunmehr von der Beklagten die Erstattung der für die beiden ersten Tage der Urlaubsreise angefallenen Kosten des Mietwagens und des gebuchten, aber nicht genutzten Hotelzimmers sowie der Kosten für eine wegen der geänderten Reiseplanung erforderlich gewordene Übernachtung in einem anderen Hotel.

Der Kläger des Verfahrens X ZR 165/18 „Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung sind auf reise- und beförderungsvertragliche Schadensersatzansprüche nach nationalem Recht anzurechnen – BGH Urteile vom 06.08.2019 – X ZR 128/18 + X ZR 165/18 – BGH Pressemitteilung Nr. 105/2019 vom 06.08.2019“ weiterlesen

Keine Auszahlung des Kapitalkontos bei Ausscheiden aus GbR – Durchsetzungssperre – aber Feststellung, der Einstellung des Kapitalkontos als unselbständigen Abrechnungsposten in Auseinandersetzungsrechnung – OLG Brandenburg – Az..: 7 U 258/14 – Urt. v. 12.06.2019

Die aus einer Arztpraxis ausgeschiedene Gesellschafterin verlang von den ehemaligen Mitgesellschaftern die Auszahlung eines angeblich bestehenden Guthabens ihres Kapitalkontos i.H.v. 83.380,03 €. Das OLG Brandenburg hat die Leistungsklage unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BGH (z. B. Urt. v. 22.05.2012 – Az.: II ZR 1/11) abgewiesen, nach der die Auflösung einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder das Ausscheiden eines Gesellschafters dazu, dass ein Gesellschafter die ihm gegen die Gesellschaft und die Mitgesellschafter zustehenden Ansprüche nicht mehr selbständige mit einer Leistungsklage durchsetzen kann (Durchsetzungssperre). Diese sind vielmehr als unselbständige Abrechnungsposten in die Schlussrechnung aufzunehmen.

Das OLG hat aber – auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH – in der Klage, die unter Verkennung der Durchsetzungssperre auf Zahlung gerichtet war, ein darin enthaltenes Feststellungsbegehren gesehen, das darauf gerichtet ist, dass die entsprechende Forderung in die Auseinandersetzungsrechnung – an der es in dem Fall noch fehlte (Feststellungsinteresse daher zu bejahen) eingestellt wird. Aufgrund eines Anerkenntnisses der Beklagten wurde insoweit ein Teilanerkenntnisurteil erlassen.