Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten im Falle des sog. Werkstattrisikos – Wer trägt Risiko bei Einwand des Unfallverursachers, die Werkstattrechnung sei überhöht?

BGH, VI. Senat – Pressemitteilung 007/2024 vom 16.01.2024 zu den Urteilen vom 16.01.2024

VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist berechtigt, sein beschädigtes Fahrzeug zur Reparatur in eine Werkstatt zu geben und vom Unfallverursacher den hierfür erforderlichen Geldbetrag zu verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB). Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über fünf Revisionen entschieden, in denen sich in unterschiedlichen Konstellationen die Frage stellte, wer das Risiko trägt, wenn der Unfallverursacher einwendet, die von der Werkstatt gestellte Rechnung sei überhöht (sog. Werkstattrisiko). Siehe Mittelung Terminhinweis vom 05.08.2023 https://www.konnegen-rechtsanwalt.de/?p=1085#more-1085

Nicht erfasst vom Werkstattrisiko sind Reparaturen, „Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten im Falle des sog. Werkstattrisikos – Wer trägt Risiko bei Einwand des Unfallverursachers, die Werkstattrechnung sei überhöht?“ weiterlesen

Terminhinweis – Verhandlungstermine 28.11.2023 Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten im Falle des sog. Werkstattrisikos – Wer trägt Risiko bei Einwand des Unfallverursachers, die Werkstattrechnung sei überhöht?

BGH, VI. Senat – Pressemitteilung 136/2023

VI ZR 38/22 (10.30 Uhr), VI ZR 239/22 (09.45 Uhr), VI ZR 253/22 (09.00 Uhr), VI ZR 266/22 (11.15 Uhr) und VI ZR 51/23 (12.00 Uhr)

Die Verhandlungen betreffen die Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten im Zusammenhang mit dem sogenannten Werkstattrisiko. Insgesamt werden fünf (Revisionen) Fälle – mit unterschiedlichen Konstellationen behandelt, bei denen es um die Frage geht, wer das Risiko trägt, wenn der Unfallverursacher die von der Werkstatt gestellte Rechnung als überhöht beanstandet.  Die Fälle und der bisherige Verfahrensgang im Überblick:

VI ZR 38/22 Nach einem Verkehrsunfall, bei dem die volle Haftung des beklagten Haftpflichtversicherers außer Streit steht, beauftragte die Geschädigte die Klägerin, eine Kfz-Werkstatt, mit der Reparatur ihres Pkw. Dafür berechnete diese 3.000,16 € brutto. Ein Teil des Rechnungsbetrages in Höhe von 1.164,80 € netto entfällt auf Fremdleistungen für Lackierarbeiten. Auf Nachfrage der Beklagten übermittelte die Klägerin der Beklagten eine hinsichtlich der Rechnungsbeträge geschwärzte Rechnung der Lackiererei. Die Beklagte beglich die Reparaturrechnung bis auf einen Restbetrag von 1.188,32 €. Die Geschädigte trat ihre Ansprüche aus dem Verkehrsunfall an die Klägerin ab.

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Reservierungsgebühr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Immobilienmaklern unwirksam

BGH, Urteil v. 20.04.2023 – Az.: I ZR 113/22 – Pressemitteilung 70/2023

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten die Kläger beabsichtigt, ein von der Beklagten als Immobilienmaklerin nachgewiesenes Grundstück mit Einfamilienhaus zu kaufen. Die Parteien schlossen einen Maklervertrag und im Nachgang dazu einen Reservierungsvertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger vorzuhalten. Die Kläger nahmen jedoch vom Kauf Abstand und verlangten von der Beklagten die Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen und das Landgericht die Berufung der Kläger

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Maklervertrag – Konkludenter Abschluss eines Maklervertrags durch Nutzung Internetdienstleistung

OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 06.07.2022 – Az.: 13 U 84/21

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall meldete sich der potentielle Kunde auf ein Internetinserat eines Maklers (ImmobilienScout 24). Der Interessent nahm mehrere Maklerleistungen, wie u.a. das Eröffnen eines 360°-Rundgangs durch das angebotene Objekt in Anspruch und nutzte dieses ausgiebig. Aus dem Internetinserat ergab sich die vom Kunden im Falle des Kaufs zu zahlende Provision (Provisionspflicht) eindeutig. Darin sah das Oberlandegericht Frankfurt a.M. den konkludenten Abschluss eines Maklervertrags. Der Interessent machte Vorkenntnis geltend,

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Gesellschafterrechte der Erben eines GmbH-Gesellschafters abhängig von Eintragung in Gesellschafterliste – §§ 16 Abs. 1 S. 1, 40 GmbHG – Hier: Beschwerdebefugnis gegen Anordnung Notgeschäftsführung

Kammergericht, Beschluss v. 23.11.2022 – Az.: 22 W 50/22

Auch Erben eines GmbH-Gesellschafters können Gesellschafterrechte erst dann ausüben, wenn sie in die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG aufgenommen worden sind. Die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gilt daher auch für einen Nachlasspfleger, der für unbekannte Erben eines Gesellschafters vom Nachlassgericht bestellt ist. Das gilt auch

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Zugangszeitpunkt einer E-Mail im unternehmerischen Geschäftsverkehr

BGH, Urt. v. 06.10.2022 – Az.: VII ZR 895/21

Der Bundegerichtshof hat entschieden, dass im unternehmerischen Geschäftsverkehr eine E-Mail grundsätzlich zu dem Zeitpunkt zugegangen ist, zu dem diese innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird. Für den Zugang ist dagegen nicht erforderlich, dass die E-Mail tatsächlich vom Empfänger abgerufen und zur Kenntnis genommen wird. Zum Sachverhalt und Verfahrensgang:

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Unwirksame Kürzung von Handelsvertreterprovision bei Kreditkartenzahlung der Kunden in AGB

OLG München Urt. v. 16.12.2021 – Az.: 23 U 1704/20

Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von einem Kraftstoffunternehmen gegenüber einem Tankstellenpächter, der für das Unternehmen als Handelsvertreter tätig ist, gestellte Klausel, durch die dem Pächter bei Kartenzahlungen von Kunden eine Disagiolast auferlegt wird und die der Unternehmer dem Pächter von der Provision abzieht, ist unwirksam. Denn ist die Disasgiolast prozentual an den getätigten Umsatz pro 100 Liter Kraftstoff und damit an den Kraftstoffpreis pro Liter gekoppelt, dagegen die dem Pächter zustehende Provision umsatzunabhängig allein von der verkauften Kraftstoffmenge abhängig, kann das bei mit der Zeit steigenden Kraftstoffpreisen eine große Reduzierung der an den Pächter auszuzahlenden Provision, die sogar auf Null oder sogar unter Null gehen kann, zur Folge haben. „Unwirksame Kürzung von Handelsvertreterprovision bei Kreditkartenzahlung der Kunden in AGB“ weiterlesen

Entgeltliche Nutzungsüberlassung – Anforderung für steuerliche Anerkennung – Hier kein Vorsteuerabzug

BFH, Beschluss v. 22.06.2022 – XI R 35/19 – UStG § 2 Abs 1, UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 S 1, EGRL 112/2006 Art 9, FGO § 126a, UStG VZ 2015

Im Streit war, ob die Klägerin, eine Gemeinde, im Jahr 2015 (Streitjahr) zum Vorsteuerabzug, im Zusammenhang mit einem von ihr verpachteten Schwimmbad, berechtigt ist. Die Klägerin verpachtete das Schwimmbad an einen eingetragenen Verein für 1,00 € und verpflichtete sich in dem Betriebspachtvertrag zur Zahlung eines Zuschusses an den Verein in Höhe von jährlich 75.000 €, der der Förderung des Vereins im öffentlichen Interesse dienen und keinen Gegenwert für eine umsatzsteuerbare Leistung darstellen sollte. Laut der Präambel dieses Vertrags war die angespannte Haushaltssituation der Klägerin Grund für den Vertragsabschluss. Zudem hatte die Kommunalaufsichtsbehörde der Klägerin vorgegeben, dass die kommunale Unterdeckung des Bäderbetriebs künftig einen Betrag von 75.000 € jährlich nicht überschreiten dürfe.

Da die Klägerin im Jahr 2015 erwog, das Schwimmbad zu sanieren, führten Vertreter der Klägerin am 29.05.2015 ein Gespräch mit Vertretern des Beklagten (Finanzamt) über die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs aus in diesem Zusammenhang zu erwartenden Eingangsleistungen. Das FA vertrat in dieser Besprechung die Auffassung, dass die

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Britische Limited nach BREXIT beteiligtenfähig in finanzgerichtlichem Verfahren

BFH, Beschluss v. 13.10.2021 – Az.: I B 31/21

Auch nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ist eine britische Limited als Körperschaftsteuersubjekt zu qualifizieren, mit der Folge, dass die britische Limited mit Verwaltungssitz im Inland fähig ist, Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens zu sein. Denn es ist zu unterscheiden zwischen den zivilrechtlichen Folgen (Verlust der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit ) und der Qualifizierung als Körperschaftsteuersubjekt und Beteiligtenfähigkeit in finanzgerichtlichen Verfahren.

Sachverhalt:

„Unternehmensgegenstand der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer britischen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Limited, ist … Alleiniger Anteilseigner und „managing director“ ist M. In dessen inländischer Wohnung befand sich auch die Geschäftsleitung der Klägerin.

Die Klägerin schloss mit M im April 2006 eine in englischer Sprache abgefasste Vereinbarung, wonach die Klägerin dem M für dessen geplantes Studium … eine finanzielle Unterstützung gewährt. Die Ausgaben für das Studium und die Reisekosten von geschätzt … US-Dollar sollten von der Klägerin getragen beziehungsweise von dieser erstattet werden, „when and as far this is possible“, so der Vertragstext.

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Zinssatz für Steuernachzahlungen + Erstattungen von monatlich 0,5 % (6% jährlich) verfassungswidrig

BVerfG, Beschlüsse v. 08.07.2021 – Az.: !BvR 2237/14 + 1 BvR 2422/17 – Pressemitteilung v. Nr. 77/2021 v. 18.08.2021

In seinen zwei Beschlüssen vom 08.07.2021 folgt das Bundesverfassungsgericht den Klägern, nach deren Auffassung der gesetzliche Zinssatz gemäß § 238 Abs. 1 AO für Steuernachzahlungen, der auch für Steuererstattungen zugunsten der Steuerpflichtigen gilt, im Vergleich mit dem sehr viel niedrigeren marktüblichen Zinssatz für Geldanlagen, außerordentlich stark überhöht sei.

Nach Auffassung der Verfassungsrichter ist der monatliche Zinssatz von 0,5 % (bzw. jährlich 6 %) ab dem Jahr 2014 für Verzinsungszeiträume, beginnend ab dem 01.01.2014, für alle Steuerarten als nicht mehr erforderlich und als gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßend und damit verfassungswidrig. Die Verzinsung von Steuernachforderungen nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten stellt eine Ungleichbehandlung von Steuerschuldnern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber Steuerschuldnern, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt wird, dar. Der gesetzliche Zinssatz von 6 % Jährlich, aufgrund des sich nach Ausbruch der Finanzkriese entwickelten Niedrigzinsniveaus, ist für Verzinsungszeiträume ab 2014 evident realitätsfern und entfaltet eine überschießende Wirkung.

Hinweis: Bedauerlicherweise hat das Bundesverfassungsgericht die bisher geltende gesetzliche Regelung bis einschließlich 2018 für weiter anwendbar erklärt, so dass der hohe Zinssatz für alle Verzinsungszeiträume bis einschließlich 31.12.2018 Gültigkeit hat. Erst ab dem 01.01.2019 darf das Finanzamt den Zinssatz von monatlich 0,5 % der Festsetzung nicht mehr zu Grunde legen und muss die Zinsen rückwirkend ab 2019 neu berechnen. Das gilt ebenso für Fälle der Steuererstattungen. Steuerbescheide, die in Bezug auf die Zinsfestsetzung einen Vorläufigkeitsvermerk enthalten, werden automatisch geändert. Das wird aber erst dann erfolgen, wenn der Gesetzgeber innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist – 31.07.2022 – eine verfassungsgemäße Neureglung getroffen hat. Einen konkreten Zinssatz hat das Gericht dabei nicht vorgegeben.

Link zur Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts:

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-077.html